Sportliches Aushängeschild im Auf und Ab der Jahrzehnte
Viele Interessierte beim Erzählcafé über die „Ringerstadt Traunstein“
Traunstein (awi). Sonst sorgt der Ringsport ja vor allem für Begeisterung neben der Matte: Da wird ein blitzschnell gezogener Kopfzug oder ein erfolgreicher Beinangriff von Fans bejubelt. Dafür treffen sich Ringsportfreunde des TV Traunstein bei den Mannschaftskämpfen. Anders als am Donnerstag Abend im Sportlerbräu, als rund 60 Ringerfreunde zum Erzählcafé kamen, das unter dem Motto „Traunstein, die Ringerstadt“ stand. Ist doch Traunstein wie es im Einladungsflyer der Veranstaltungsreihe heißt, für die die Stadtbücherei Traunstein, das Katholische Bildungswerk, das Heimathaus Traunstein und der Historische Verein verantwortlich zeichnen, über Jahrzehnte hinweg eines der großen sportlichen Aushängeschilder der Großen Kreisstadt.
Einzeln und als Mannschaft: Viele Erfolge
Richard Köppl, Karl Riedl, Otto Baur, Julia Sonderhauser, Eduard Tatarinov, Hans Halsberger und Hartmut Hille sprachen über vergangenes, gegenwärtiges und zukünftiges rund um den Traunsteiner Ringsport. Und dabei kam neben den sportlichen Erfolgen der Ringer in Einzel- wie auch Mannschaftswettbewerben auch so manch‘ lustige Anekdote zur Sprache – oft vervollständigt durch den einen oder anderen ergänzenden Beitrag der Besucher. Und so schmunzelte man genauso über die Kommentare des Siegringers in den 1970er Jahren, Karl Riedl („Gingen 1966 zum Ringen dass sie uns in der Schule nicht mehr so leicht geschlagen haben“) wie den von Richard Köppl beschriebenen Radius der Wettkämpfe („Bis Burghausen fahren war es eine Weltroas aber es war sche“) oder dem Wortbeitrag von Besucher Ludwig Schwarzenböck, dessen Schuhe beim gegnerischen Kopfzug über die Matte geflogen sind.
Hans Haslberger war der Vertreter der starken früheren Waginger Fraktion und berichtete davon, dass er und sein Bruder Klaus und weitere klingende Traunsteiner Ringernamen wie Thomas Dandl oft zu Zehnt im Opel Caravan zum Training gekarrt wurden – heute in Zeiten von Sicherheitsgurten und Kindersitzen ein undenkbarer Vorgang. In der 2. Bundesliga sei man nach dem Auf und Ab der 1980er und 1990er Jahre wieder richtig weit raufgekommen. Und manchmal half eine freundliche Zeitungsschlagzeile „Kämpfte beherzt, konnte die Niederlage nach 12 Sekunden aber nicht vermeiden“ über die Frustration einer Niederlage hinweg, die bei Ringern aber nie über der Fairness stehen, sich nach dem Kampf sportlich fair die Hand zu geben und in den Mannschaftskämpfen meist in einem gemeinsamen Wirtshausbesuch enden wie in vielen erzählten Geschichten deutlich wurde. Man blickte gemeinsam zurück in die Zeit, als man in der 2. Bundesliga in der Chiemgauhalle vor bis zu 1.300 Zuschauern kämpfte, und erzählte sich Geschichten über den Ringerball am Rosenmontag, an dem die Abteilungsmitglieder zusammengeholfen haben und eine beliebte Veranstaltung auf die Beine gestellt haben.
Frauenpower aus Traunstein
Julia Sonderhauser, die mit ihrer Schwester Verena Weiß und weiteren Ringerinnen für den Erfolg der Traunsteiner Ringerinnen stand (Otto Baur: „Das war ‚Frauenpower‘ pur in Traunstein“), brachte es auf den Punkt: „Eine schöne und spannende Zeit aber man hat auch auf viel verzichten müssen.“ Trainieren und ringen gegen das „starke Geschlecht“ war für sie im Training normal, in den Wettkämpfen musste die Kadetten-Europameisterin oft mehrere hundert Kilometer mit familiärer Unterstützung zu Wettkämpfen fahren. Mit Eduard Tatarinov, der jahrelang bis zu sieben Mal pro Woche mit seinem Zwillingsbruder Artur trainiert hatte, schlug man die Brücke in die aktuelle, erfolgreiche Zeit mit mehreren Talenten aus der eigenen Jugendarbeit. Dieser lobte das „familäre Klima“ in Mannschaft und Abteilung und machte deutlich, was ihm auf Traunsteiner Ringermatten gefällt: „Es macht mir Spaß vor dem Traunsteiner Publikum zu ringen.“ Und bei dem Abtauchen in das Nachtleben nach dem samstäglichen Wettkampf schloss sich dann wieder der Kreis von damals zu heute, auch wenn früher das Ex, Bilitis oder Ratskeller gefragt waren und heute vor allem auswärtige Stationen im Nachtleben gefragt sind.
Hohes ehrenamtliches Engagement gezeigt
Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer: Ohne die vielen Ehrenamtlichen, ohne das Engagement von Sport- und Ringerbegeisterten und mithelfenden Eltern wäre es nicht gegangen. Ob in der Vergangenheit mit ringerischen Urgesteinen wie die Neugründungs-Abteilungsleiter Heinrich Weiß und Anderl Wetzelsperger, wie Herbert Gahren oder in der Gegenwart mit dem den Zusammenhalt in der Abteilung lobenden Leiter Hartmut Hille oder Cheftrainer Petar Stefanov, der in den Zweitliga-Zeiten um die Jahrtausendwende wie auch in den vergangenen Jahren prägend für die Mannschaft war und ist.
TVT-Vorstand Otto Baur brachte es zum Abschluss des „Erzählcafés“, in dem die Anwesenden noch lange zusammen saßen, um über „de guade oide Zeit“ aber auch über aktuelles im Ringsport in Traunstein zu reden, auf den Punkt: „Ringen geht weiter über all das Auf und ab. Und es geht nach vorne.“
Text und Bilder: Andreas Wittenzellner